Augen zu und festhalten!

Man braucht in Südamerika keine grosse Erfindungsgabe. Man steht eher vor dem Problem, das, was man in der Wirklichkeit vorfindet, glaubhaft zu machen.

(Gabriel Garcia Màrquez, kolumbianischer Schriftsteller)

Das Busfahren in Quito ist ein Abenteuer. Es gibt keine Fahrpläne, man steht einfach mal an die Busstation und wartet bis ein Bus kommt. Manchmal wartet man lange, manchmal nicht.

 

Meine Gastfamilie wohnt in "Valle de los chillos", einem Vorort von Quito. Ich benötige etwa 40 Minuten mit dem Bus bis ins Zentrum der Stadt, wo ich ab dem Montag arbeiten werde. Vom Haus meiner Gasteltern marschiere ich etwa 10 Minuten bis zur Busstation. Wenn dann ein Bus kommt, fliegen alle Türen auf, während er anhält. Auch während dem Fahren sind die Türen meist offen, da sie nicht sehr stabil sind. Neben dem Fahrer gibt es eine Lady, die bei jeder Station aus der Tür lehnt und den wartenden Menschen die Endstation des Buses zuruft. Bei meinem Bus ruft sie immer: "La catholica, la catholica".

Dieselbe Frau drängelt sich während der Fahrt durch alle Gäste durch und hält ihre Hand hin. Ich muss ihr dann jeweils 50 Cent zahlen, den Preis für die Strecke. Die Buse sind immer so rappelvoll, dass die meisten Menschen dicht aneinandergedrängt stehen müssen. Es ist auch schon vorgekommen, dass ich mich an die Stange neben der Bustür klammern musste und bei jedem Rank fast aus dem Bus flog, weil die Türen sich nicht schliessen liessen.

 

Wenn neue Fahrgäste zusteigen und die Menschen nicht aufschliessen wollen, ruft die Frau: "Siga, siga, siga!" Erst später erfuhr ich, dass dies die Befehlsform von "seguir" ist, was so viel wie "folgen" oder "weitermachen" bedeutet. In einem ecuadorianischen Bus ist es niemals still, es läuft immer spanische Musik. Dies gefällt mir sehr und es ist sicher etwas, das ich zurück in der Schweiz vermissen werde.

 

Im Gedränge ist die Gefahr sehr gross, dass einem der Rucksack geöffnet oder aufgeschnitten wird und man danach um einige Wertsachen ärmer ist. Deshalb nehme ich jeweils nur ein Portemonnaie mit wenig Bargeld sowie mein billiges ecuadorianisches Nokia mit und lasse alle meine Bankkarten und mein Smartphone im Haus meiner Gastfamilie. Den Rucksack ziehe ich während der Fahrt verkehrt herum an und umklammere ihn mit einer Hand.

 

Oft steigen während der Busfahrt auch Händler ein, die Orangen, Zahnbürsten, Eiscreme, Süssigkeiten oder sonstige Dinge verkaufen wollen. Manchmal sind auch Kinder darunter, dies bricht mir jeweils fast das Herz. Ich weiss, dass dies einige jener Kinder sind, die ich ab nächster Woche in meinem Projekt betreuen werde und bin froh, dass ich ihnen dann ein Stück weit helfen kann.

 

Bis jetzt habe ich nur die schöne, luxuriöse Seite Quitos kennengelernt. Es fühlt sich immer noch so an, als sei ich hier bloss in den Ferien. Ich bin sehr froh, dass ich am Montag ein Treffen mit den Verantwortlichen meines Projektes habe. Danach beginnt endlich der Alltag hier in Ecuador. Dann lebe ich hier, arbeite hier und spreche hoffentlich bald die Sprache der Einheimischen. Darauf freue ich mich!

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