Erster Arbeitstag im Projekt

Diese Kinder sind Edelsteine, die auf der Strasse liegen. Sie müssen nur aufgehoben werden, und schon leuchten sie.

(Giovanni Don Bosco)

Bereits gestern hatten alle Freiwilligen, die in Projekten der Salesianer Don Boscos arbeiten, ein Treffen in der "UESPA", der Schule für Strassenkinder. Dort erhielten wir noch die letzten Informationen und sahen uns Filme über die Arbeit der Salesianer an. Danach zeigte mir Renato, unser Betreuer von ICYE Ecuador, wie ich zum "mi caleta", meinem Projekt, komme.

 

Heute morgen um 9 Uhr begann mein erster Arbeitstag hier in Ecuador. Als ich zum Tor des "mi caleta" hineinging, kam ein kleiner Junge von etwa 8 Jahren auf mich zugerannt und schmiegte sich an mich. Er ist einer von zwei Knaben, die zurzeit im "mi caleta" wohnen. Da diese Woche in Ecuador noch Schulferien sind, sind nur diese zwei Kinder da. Ab nächster Woche werden dann mehr kommen.

 

Ich lernte auch Jakob kennen, ein Freiwilliger aus Deutschland, der bereits seit einem halben Jahr in Ecuador ist. Er arbeitet manchmal in der "UESPA" und manchmal im "mi caleta". Ich bin sehr froh, dass er da ist, mir alles zeigen kann und mir übersetzt, wenn ich etwas wichtiges nicht verstehe. Zuerst spielten wir mit den beiden Kindern Fussball. Nach etwa einer Stunde gingen wir ins Haus. Eine der Leiterinnen hatte für die Knaben an einer Art Wandtafel verschiedene Additionen, Subtraktionen und Multiplikationen notiert. Die Kinder sollten diese Aufgaben lösen. Der eine Junge setzte sich in eine Ecke und schmollte. Ich ging zu ihm und versuchte ihn mit meinem kärglichen Spanisch zu motivieren. Irgendwie schaffte ich es, dass er den Stift in die Hand nahm und zu rechnen begann. Ich merkte, dass es ihn anspornte, wenn ich ihn für bereits gelöste Aufgaben lobte.

Jakob unterstützte währenddessen den anderen Jungen. Dieser hatte während dem Rechnen immer wieder kleinere Wutausbrüche und schmiss diverse Gegenstände quer durch den Raum.

 

Zum Mittagessen fuhren wir in einem Minibus der Salesianer zur "UESPA". Dort treffe ich nun jeden Mittag meine Schweizer Kollegin Xenia, da sie dort arbeitet. Das Mittagessen wurde nach einem Gebet in einem grossen Saal eingenommen und dann fuhren wir wieder zurück ins "mi caleta".

 

Am Nachmittag wurde es leider ein bisschen langweiliger. Jakob musste Papiere ins Reine schreiben und ich hatte nichts zu tun. Ich hoffe sehr, dass es besser wird, wenn ab nächster Woche mehr Kinder kommen.

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Besteigung des Rucu Pichincha

Im nächsten Leben würde ich versuchen, mehr Fehler zu machen. 
Ich wäre ein bisschen verrückter, als ich es gestern gewesen bin. 
Ich würde weniger Dinge so ernst nehmen. 
Ich würde mehr riskieren, mir mehr Zeit nehmen Sonnenuntergänge zu betrachten, auf mehr Berge steigen, in mehr Flüssen schwimmen. 
Ich würde langsamer leben, weniger tun und mehr sein.

(Jorge Luis Borges)

Der Pichincha ist der Hausberg von Quito und ein aktiver Vulkan. Er hat zwei Gipfel, den Rucu Pichincha und den Guagua Pichincha. Der Rucu Pichincha liegt 4690 Meter über Meer und befindet wesentlich näher an der Stadt als sein etwas höherer Bruder Guagua Pichincha (4794 m. ü. M.)

Wir hatten die Möglichkeit, mit ICYE Ecuador den Rucu Pichincha zu besteigen. Wir fuhren mit der Luftseilbahn "Teleférico" auf einen Hügel auf der Ostseite des Vulkans, der auf 3950 m. ü. M liegt. Von dort aus marschierten wir auf den Krater. Zu Beginn gab es einen Wanderweg, der gut gekennzeichnet war. Der Weg war aber wahnsinnig steil, ich kann mich nicht erinnern, jemals auf einen so steilen Berg gewandert zu sein. Ich ging mit der vordersten Gruppe mit und marschierte mit der Schweizerin Xenia, dem Inder Mahim, der Deutschen Friederike und mit Renato, unserem Betreuer von ICYE Ecuador. Von Zeit zu Zeit mussten wir immer wieder anhalten und kurz verschnaufen. Mit der Zeit wurde der Abstand zwischen diesen Pausen immer geringer. Es beruhigte mich jedoch, dass auch die anderen ausser Atem gerieten.

Irgendwann nach gefühlten drei Stunden war es vorbei mit dem Wanderweg und vor uns erstreckte sich ein gewaltiger Hang aus Sand. Wir kletterten diesen Hang hoch, rutschten aber immer wieder aus. Als wir mit Sand in den Schuhen oben ankamen, erreichten wir den Felsen. Nun galt es, den Felsen wie ein Bergsteiger hochzuklettern und sich dabei möglichst nicht zu verletzen. Wir hatten alle zu kämpfen, da wir schon so lange bergauf gegangen waren. Bis zum Schluss glaubte ich nicht daran, dass wir es schaffen würden.

 

Doch wir hielten durch und als wir mit unseren Kräften fast am Ende waren, waren wir oben. Wir konnten eine gewaltige Aussicht auf die ecuadorianische Bergwelt geniessen und Beweisfotos machen. Nach etwa 15 Minuten begannen wir mit dem Abstieg und begegneten den anderen Freiwilligen, die sich noch immer auf dem Aufstieg befanden.

Das Runtergehen war einiges angenehmer, doch es beanspruchte noch einmal zwei Stunden. Als wir schliesslich unten waren, waren wir alle todmüde, aber sehr stolz, dass wir durchgehalten hatten.

 

Mein Gastbruder Alejo hatte mir angeboten, mich nach der Wanderung bei der Talstation der Gondelbahn abzuholen. Ich hatte ihm versichert, ihn anzurufen, sobald wir vom Berg zurückkehrten. Als wir unten waren, stellte ich jedoch mit Schrecken fest, dass mein Handy kein Akku mehr hatte. Ich machte mir grosse Sorgen, weil ich Alejo nicht benachrichtigen konnte. Bernardo, der ebenfalls dabei war, riet mir, mit dem Bus nach Hause zu fahren. Er kam mit mir ein Stück, doch irgendwann trennten sich unsere Wege. Mir war gar nicht wohl, da es am Äquator jeden Abend um sechs Uhr stockdunkel wird und es bereits sieben Uhr war. In der Schweiz wurde mir oft genug eingeschärft, in Südamerika niemals nachts alleine unterwegs zu sein. Ich wusste auch nicht, wie meine Gastfamilie reagiert, wenn sie mich nicht erreichen kann und ich irgendwann mit gewaltiger Verspätung zu Hause ankomme.

 

Ich war froh, Bernardo von meinen Sorgen erzählen zu können. Er meinte, ich solle mich in die Nähe des Busfahrers stellen und einen selbstbewussten Gesichtsausdruck aufsetzen. Ich sei schliesslich eine starke, unabhängige Frau. Doch bin ich das wirklich? In der Nacht, alleine in einer Stadt wie Quito, mit einem Handy ohne Akku?

 

Ich hatte Angst, versuchte mir aber nichts anmerken zu lassen. Den ersten Bus konnte ich ohne Probleme nehmen, doch der zweite kam und kam nicht. Ich wurde plötzlich unsicher, ob dieser Bus um diese Zeit überhaupt noch fährt. Schliesslich entschied ich mich, ein Taxi zu nehmen. Dies kostete mich 20 Dollar, was in der Schweiz zwar wenig, in Ecuador jedoch viel ist.

 

Als ich zu Hause ankam, hatte ich kein gutes Gefühl und war auf jede Reaktion meiner Gastfamilie gefasst. Ich entschuldigte mich bei meiner Gastmutter und bei Alejo, doch beide reagierten alles andere als verärgert. Sie waren einfach nur froh, dass es mir gut ging und sie sagten, ich solle mir keine Sorgen machen. Ich war sehr froh über ihre Reaktion und vor allem darüber, heil zu Hause angekommen zu sein.

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Augen zu und festhalten!

Man braucht in Südamerika keine grosse Erfindungsgabe. Man steht eher vor dem Problem, das, was man in der Wirklichkeit vorfindet, glaubhaft zu machen.

(Gabriel Garcia Màrquez, kolumbianischer Schriftsteller)

Das Busfahren in Quito ist ein Abenteuer. Es gibt keine Fahrpläne, man steht einfach mal an die Busstation und wartet bis ein Bus kommt. Manchmal wartet man lange, manchmal nicht.

 

Meine Gastfamilie wohnt in "Valle de los chillos", einem Vorort von Quito. Ich benötige etwa 40 Minuten mit dem Bus bis ins Zentrum der Stadt, wo ich ab dem Montag arbeiten werde. Vom Haus meiner Gasteltern marschiere ich etwa 10 Minuten bis zur Busstation. Wenn dann ein Bus kommt, fliegen alle Türen auf, während er anhält. Auch während dem Fahren sind die Türen meist offen, da sie nicht sehr stabil sind. Neben dem Fahrer gibt es eine Lady, die bei jeder Station aus der Tür lehnt und den wartenden Menschen die Endstation des Buses zuruft. Bei meinem Bus ruft sie immer: "La catholica, la catholica".

Dieselbe Frau drängelt sich während der Fahrt durch alle Gäste durch und hält ihre Hand hin. Ich muss ihr dann jeweils 50 Cent zahlen, den Preis für die Strecke. Die Buse sind immer so rappelvoll, dass die meisten Menschen dicht aneinandergedrängt stehen müssen. Es ist auch schon vorgekommen, dass ich mich an die Stange neben der Bustür klammern musste und bei jedem Rank fast aus dem Bus flog, weil die Türen sich nicht schliessen liessen.

 

Wenn neue Fahrgäste zusteigen und die Menschen nicht aufschliessen wollen, ruft die Frau: "Siga, siga, siga!" Erst später erfuhr ich, dass dies die Befehlsform von "seguir" ist, was so viel wie "folgen" oder "weitermachen" bedeutet. In einem ecuadorianischen Bus ist es niemals still, es läuft immer spanische Musik. Dies gefällt mir sehr und es ist sicher etwas, das ich zurück in der Schweiz vermissen werde.

 

Im Gedränge ist die Gefahr sehr gross, dass einem der Rucksack geöffnet oder aufgeschnitten wird und man danach um einige Wertsachen ärmer ist. Deshalb nehme ich jeweils nur ein Portemonnaie mit wenig Bargeld sowie mein billiges ecuadorianisches Nokia mit und lasse alle meine Bankkarten und mein Smartphone im Haus meiner Gastfamilie. Den Rucksack ziehe ich während der Fahrt verkehrt herum an und umklammere ihn mit einer Hand.

 

Oft steigen während der Busfahrt auch Händler ein, die Orangen, Zahnbürsten, Eiscreme, Süssigkeiten oder sonstige Dinge verkaufen wollen. Manchmal sind auch Kinder darunter, dies bricht mir jeweils fast das Herz. Ich weiss, dass dies einige jener Kinder sind, die ich ab nächster Woche in meinem Projekt betreuen werde und bin froh, dass ich ihnen dann ein Stück weit helfen kann.

 

Bis jetzt habe ich nur die schöne, luxuriöse Seite Quitos kennengelernt. Es fühlt sich immer noch so an, als sei ich hier bloss in den Ferien. Ich bin sehr froh, dass ich am Montag ein Treffen mit den Verantwortlichen meines Projektes habe. Danach beginnt endlich der Alltag hier in Ecuador. Dann lebe ich hier, arbeite hier und spreche hoffentlich bald die Sprache der Einheimischen. Darauf freue ich mich!

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Eine moderne Gastfamilie und der falsche Äquator

Die beiden schönsten Dinge sind die Heimat, aus der wir stammen, und die Heimat, nach der wir wandern.

(Johann Heinrich Jung-Stilling)

Nun bin ich seit fast zwei Wochen in Ecuador und ich bin froh, dass ich sagen kann, dass ich mich hier sehr wohl fühle! Meine Gasteltern sind sehr unkompliziert und modern. Ich hatte ein bisschen Angst gehabt, dass ich in eine konservative Familie kommen würde, in der die Männer nichts im Haushalt machen müssen. (Ja, diese Einstellung ist in Ecuador noch immer verbreitet)

In meiner Gastfamilie ist es zum Glück ganz anders: Meine Gastmutter arbeitet auf ihrem Beruf, weshalb meine Gastbrüder und ich unsere Kleider selber waschen und unser Essen unter der Woche selber zubereiten.

 

Die Unterschiede des Wohlstands in Ecuador sind riesig. Ich lebe bei einer wohlhabenden Familie in der Hauptstadt.

Gestern sprach ich mit einem Freiwilligen aus Deutschland, der übernächste Woche, wenn der Spanisch-Kurs von ICYE zu Ende ist, nach Otovalo gehen wird. Dort wird er bei einer indigenen (Ureinwohner) Familie leben, wo er weder fliessend Wasser noch Strom im Haus hat. Am Wochenende kann er dann jeweils in eine WG, um seine Kleider zu waschen und zu duschen. Ich sagte ihm, so etwas würde mir auch guttun, worauf der erwiderte, ich könne gerne mit ihm tauschen.

Am Freitag stand ein Ausflug mit ICYE Ecuador zu "la mitad del mundo", einem Äquatordenkmal nördlich von Quito, auf dem Programm. An diesem Ort steht das "el reloj solar quitsado", eine gewaltige Sonnenuhr mit einem zehn Meter hohen Zylinder, der die Stelle markiert, wo der Äquator verlaufen soll. Dort ist es angeblich möglich, mit einem Fuss auf der südlichen und mit einem Fuss auf der nördlichen Erdhalbkugel zu stehen. Was jedoch nur wenige wissen: Die Erbauer des Monuments haben sich um einige Meter verrechnet. Die richtige Äquatorlinie verläuft etwa 240 Meter entfernt, auf der anderen Strassenseite auf einer heiligen indigenen Stätte, die vor mehr als 1000 Jahren gebaut wurde.

Mit meinem ecuadorianischen Kollegen Bernardo auf der angeblichen Äquatorlinie vor der Sonnenuhr

Wir besuchten also zuerst den offiziellen Park, in dem das Monument steht. Dort gab es auch einige Museen über Ecuador im Allgemeinen, Touristenläden und Restaurants. Gleich neben dem Park befindet sich der Hauptsitz der Union Südamerikanischer Nationen, weshalb überall Flaggen der verschiedenen Länder Südamerikas wehen. Später gingen wir dann noch zum richtigen Ort, an dem es zwar keine Linie am Boden gibt, dafür aber eine Tafel, die die Koordinaten "00 00 00" markiert:

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Ankunft in der Mitte der Welt

Eine Reise wird besser in Freunden als in Meilen gemessen.

(Tim Cahill)

Der Anflug auf Quito war traumhaft! Von weitem sahen wir Vulkane, Berge und Seen. Ich realisierte gar nicht richtig, dass dies alles tatsächlich Ecuador war.

Xenia, Fatma, Rabea und ich (v. rechts) auf dem Weg nach Quito

Ein Mitarbeiter von ICYE Ecuador holte mich und die anderen drei Schweizerinnen am Flughafen ab und brachte uns mit einem kleinen Bus ins Einführungscamp. Wir mussten eine Stunde fahren und der Verkehr auf der Strasse war sehr kriminell. Die anderen Autos überholten uns rechts und links, fuhren zentimeternah auf und streiften uns beinahe. Anschnallen konnten wir uns natürlich nicht, da die Gurten entweder gar nicht vorhanden waren oder klemmten. Unsere Koffer waren im Kofferraum gestapelt und verhinderten jede Sicht nach hinten. Irgendwann lenkte unser Fahrer den Wagen auf den Pannenstreifen. Er versuchte uns auf Spanisch zu erklären was los war, doch wir verstanden kein Wort. Nach einigen Minuten kam sein Sohn mit einem anderen Auto und sagte uns auf Englisch, dass der kleine Bus komische Geräusche mache und wir umsteigen müssen. Wir Schweizerinnen mussten die ganze Zeit lachen, weil die Strassenverhältnisse in Ecuador so anders sind als zu Hause.

 

Im Camp angekommen trafen wir auf eine Finnin, die als einzige bereits dort war und lernten auch die Mitarbeiter von ICYE-Ecuador kennen. Wir wurden sehr herzlich empfangen, gingen aber früh schlafen. Mitten in der Nacht wurden wir von einem kleinen Erdbeben wachgerüttelt. Ich erschrak ein bisschen, doch wirklich überrascht war ich nicht. Erdbeben kommen in Ecuador häufig vor und ich werde mich daran gewöhnen.

 

Am nächsten Tag trudelten nach und nach die anderen Freiwilligen ein. Dreiviertel von allen sind Deutsche, daneben hat es auch Jugendliche aus Dänemark, Finnland, Österreich, Indien und den USA. Das Camp dauerte eine Woche und wir setzen uns durch Spiele und Diskussionen mit den Themen „Kulturschock“, „Sicherheit“ und „Konfliktlösung“ auseinander. Besonders freute ich mich, als Bernardo plötzlich im Camp auftauchte. Er ist Ecuadorianer und war letztes Jahr mit ICYE in der Schweiz, weshalb ich ihn bereits vor meiner Abreise kannte. Nun erfuhr ich, dass Bernardo während meiner Zeit in Ecuador mein Mentor (eine Art ICYE-Götti) sein wird. Das ist das Beste, was mir passieren konnte, da es einerseits mit ihm nie langweilig wird und er mich andererseits wie kein anderer versteht, wenn ich ihm erzähle, was mich in Ecuador, verglichen mit der Schweiz, fasziniert oder erschreckt.

 

Am letzten Tag kamen uns unsere Gastfamilien im Camp abholen. Für sie mussten wir eine Präsentation über unser Heimatland halten. Wir Schweizerinnen sprachen über Demokratie, die vier Landessprachen, Schokolade, Taschenmesser, Schweizer Franken, Skifahren und Roger Federer. Meine Gastfamilie kam zu dritt: Meine Gasteltern und Carlos, einer meiner Gastbrüder. Als wir einander schliesslich fanden, sagten sie mir, das sie sich sehr auf mich gefreut hätten und es für sie eine spannende Erfahrung sein würde, mich in ihrem Haus zu haben. Ich würde von ihnen lernen und sie von mir. Als wir bei ihnen zu Hause ankamen, war ich überrascht. Das Haus meiner Gastfamilie ist sehr viel grösser und moderner als unser Haus in der Schweiz. Ich habe hier sogar ein eigenes Badezimmer, das in mein Zimmer integriert ist – fast ein bisschen wie in einem Hotel.

Die nächsten zwei Wochen werde ich mit den anderen Volunteers einen Spanischkurs von ICYE besuchen. Carlos kam heute extra mit mir ins Stadtzentrum von Quito, um mir den Weg zu zeigen, den ich am Montag gehen muss. Mein zweiter Gastbruder Alejo lernte ich ein bisschen später kennen. Auch er ist sehr interessiert und da er ein bisschen Deutsch spricht, bat er mich, ihm die Sprache besser beizubringen. Beim Essen diskutierten meine beiden Gastbrüder, was sie mir in Ecuador alles zeigen möchten – den Markt, auf dem lebendige Tiere verkauft werden, die berühmte Schaukel in Baños, die Kirchen in Quito..

Mit meinen Gastbrüdern Alejo (links) und Carlos (rechts)

Ich freue mich auf die nächsten Tage, Wochen und Monate! Da ich hier eine stabile Internetverbindung habe, werdet ihr bald wieder von mir hören!

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Hinaus ins Leben - und in die grosse weite Welt

Darum muss ich jetzt los, ich muss zu anderen Orten,

ich will irgendwann sagen: "Aus mir ist was geworden."

Ich denke nie an gestern, nur an jetzt und an morgen,

ich laufe nicht mehr weg, nein, ich flüchte nach vorne.

(Julia Engelmann in "Flucht nach vorne")

In knapp vier Tagen sitze ich im Flugzeug, auf dem Weg in ein Land, über das ich so viel gelesen und gehört habe und trotzdem so wenig weiss! Ich freue mich auf den Moment, wenn ich am Flughafen in Madrid die Flugtafel mit der Aufschrift "Quito" sehe und realisiere, dass es endlich losgeht.

 

Bald lerne ich  meine Gastfamilie persönlich kennen. In den letzten Wochen habe ich viel mit meinem Gastbruder Carlos gechattet, zuerst auf Englisch und dann vermehrt auf Spanisch. Er hat mich immer wieder "kleine Schwester" genannt und ich glaube, er freut sich genauso auf meine Ankunft wie ich. Ich bin gespannt, wie die Familie wohnt, wo sie ihre sieben Hunde unterbringt und wie ihr Familienleben aussieht.

 

Ich freue mich auch, Bernardo wieder zu sehen. Kennengelernt habe ich ihn im letzten Frühling in der Schweiz, als er mit ICYE einen Sozialeinsatz in meinem Heimatland leistete. Vor ein paar Wochen ist er wieder nach Quito zurückgekehrt und ich werde ihn sicher in seinem Zuhause besuchen.

Zunächst bin ich aber gespannt auf die erste Woche, die ich im Einführungscamp von ICYE Ecuador verbringen werde. Ich freue mich, die anderen Freiwilligen kennenzulernen, die aus allen Ländern der Welt anreisen.

 

Natürlich ist es völlig normal, so kurz vor der Abreise auch mulmige Gefühle zu verspüren. Ich habe noch nie 17 Stunden in einem Flugzeug verbracht und es wird für mich das erste Mal sein, dass ich Europa verlasse. Zudem bin ich mir bewusst, dass ich 8 Monate lang in einem Land leben werde, in dem die Kriminalitätsrate viel höher ist als in der Schweiz. Ich werde abends nicht alleine unterwegs sein, keinen Schmuck tragen und mein Handy nicht in der Öffentlichkeit zücken dürfen.

 

Doch ich muss sagen, dass sich diese mulmigen Gedanken bei mir ziemlich in Grenzen halten. Wahrscheinlich werde ich erst viel später, wenn ich längst in Ecuador bin, von meinem eigenen Mut überrascht sein.

 

So, hiermit beende ich meinen letzten Blogeintrag aus der Schweiz.

Ich werde euch in Ecuador so gut es geht auf dem Laufenden halten!

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Erster Arbeitstag im Projekt

Diese Kinder sind Edelsteine, die auf der Strasse liegen. Sie müssen nur aufgehoben werden, und schon leuchten sie.

(Giovanni Don Bosco)

Bereits gestern hatten alle Freiwilligen, die in Projekten der Salesianer Don Boscos arbeiten, ein Treffen in der "UESPA", der Schule für Strassenkinder. Dort erhielten wir noch die letzten Informationen und sahen uns Filme über die Arbeit der Salesianer an. Danach zeigte mir Renato, unser Betreuer von ICYE Ecuador, wie ich zum "mi caleta", meinem Projekt, komme.

 

Heute morgen um 9 Uhr begann mein erster Arbeitstag hier in Ecuador. Als ich zum Tor des "mi caleta" hineinging, kam ein kleiner Junge von etwa 8 Jahren auf mich zugerannt und schmiegte sich an mich. Er ist einer von zwei Knaben, die zurzeit im "mi caleta" wohnen. Da diese Woche in Ecuador noch Schulferien sind, sind nur diese zwei Kinder da. Ab nächster Woche werden dann mehr kommen.

 

Ich lernte auch Jakob kennen, ein Freiwilliger aus Deutschland, der bereits seit einem halben Jahr in Ecuador ist. Er arbeitet manchmal in der "UESPA" und manchmal im "mi caleta". Ich bin sehr froh, dass er da ist, mir alles zeigen kann und mir übersetzt, wenn ich etwas wichtiges nicht verstehe. Zuerst spielten wir mit den beiden Kindern Fussball. Nach etwa einer Stunde gingen wir ins Haus. Eine der Leiterinnen hatte für die Knaben an einer Art Wandtafel verschiedene Additionen, Subtraktionen und Multiplikationen notiert. Die Kinder sollten diese Aufgaben lösen. Der eine Junge setzte sich in eine Ecke und schmollte. Ich ging zu ihm und versuchte ihn mit meinem kärglichen Spanisch zu motivieren. Irgendwie schaffte ich es, dass er den Stift in die Hand nahm und zu rechnen begann. Ich merkte, dass es ihn anspornte, wenn ich ihn für bereits gelöste Aufgaben lobte.

Jakob unterstützte währenddessen den anderen Jungen. Dieser hatte während dem Rechnen immer wieder kleinere Wutausbrüche und schmiss diverse Gegenstände quer durch den Raum.

 

Zum Mittagessen fuhren wir in einem Minibus der Salesianer zur "UESPA". Dort treffe ich nun jeden Mittag meine Schweizer Kollegin Xenia, da sie dort arbeitet. Das Mittagessen wurde nach einem Gebet in einem grossen Saal eingenommen und dann fuhren wir wieder zurück ins "mi caleta".

 

Am Nachmittag wurde es leider ein bisschen langweiliger. Jakob musste Papiere ins Reine schreiben und ich hatte nichts zu tun. Ich hoffe sehr, dass es besser wird, wenn ab nächster Woche mehr Kinder kommen.

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Besteigung des Rucu Pichincha

Im nächsten Leben würde ich versuchen, mehr Fehler zu machen. 
Ich wäre ein bisschen verrückter, als ich es gestern gewesen bin. 
Ich würde weniger Dinge so ernst nehmen. 
Ich würde mehr riskieren, mir mehr Zeit nehmen Sonnenuntergänge zu betrachten, auf mehr Berge steigen, in mehr Flüssen schwimmen. 
Ich würde langsamer leben, weniger tun und mehr sein.

(Jorge Luis Borges)

Der Pichincha ist der Hausberg von Quito und ein aktiver Vulkan. Er hat zwei Gipfel, den Rucu Pichincha und den Guagua Pichincha. Der Rucu Pichincha liegt 4690 Meter über Meer und befindet wesentlich näher an der Stadt als sein etwas höherer Bruder Guagua Pichincha (4794 m. ü. M.)

Wir hatten die Möglichkeit, mit ICYE Ecuador den Rucu Pichincha zu besteigen. Wir fuhren mit der Luftseilbahn "Teleférico" auf einen Hügel auf der Ostseite des Vulkans, der auf 3950 m. ü. M liegt. Von dort aus marschierten wir auf den Krater. Zu Beginn gab es einen Wanderweg, der gut gekennzeichnet war. Der Weg war aber wahnsinnig steil, ich kann mich nicht erinnern, jemals auf einen so steilen Berg gewandert zu sein. Ich ging mit der vordersten Gruppe mit und marschierte mit der Schweizerin Xenia, dem Inder Mahim, der Deutschen Friederike und mit Renato, unserem Betreuer von ICYE Ecuador. Von Zeit zu Zeit mussten wir immer wieder anhalten und kurz verschnaufen. Mit der Zeit wurde der Abstand zwischen diesen Pausen immer geringer. Es beruhigte mich jedoch, dass auch die anderen ausser Atem gerieten.

Irgendwann nach gefühlten drei Stunden war es vorbei mit dem Wanderweg und vor uns erstreckte sich ein gewaltiger Hang aus Sand. Wir kletterten diesen Hang hoch, rutschten aber immer wieder aus. Als wir mit Sand in den Schuhen oben ankamen, erreichten wir den Felsen. Nun galt es, den Felsen wie ein Bergsteiger hochzuklettern und sich dabei möglichst nicht zu verletzen. Wir hatten alle zu kämpfen, da wir schon so lange bergauf gegangen waren. Bis zum Schluss glaubte ich nicht daran, dass wir es schaffen würden.

 

Doch wir hielten durch und als wir mit unseren Kräften fast am Ende waren, waren wir oben. Wir konnten eine gewaltige Aussicht auf die ecuadorianische Bergwelt geniessen und Beweisfotos machen. Nach etwa 15 Minuten begannen wir mit dem Abstieg und begegneten den anderen Freiwilligen, die sich noch immer auf dem Aufstieg befanden.

Das Runtergehen war einiges angenehmer, doch es beanspruchte noch einmal zwei Stunden. Als wir schliesslich unten waren, waren wir alle todmüde, aber sehr stolz, dass wir durchgehalten hatten.

 

Mein Gastbruder Alejo hatte mir angeboten, mich nach der Wanderung bei der Talstation der Gondelbahn abzuholen. Ich hatte ihm versichert, ihn anzurufen, sobald wir vom Berg zurückkehrten. Als wir unten waren, stellte ich jedoch mit Schrecken fest, dass mein Handy kein Akku mehr hatte. Ich machte mir grosse Sorgen, weil ich Alejo nicht benachrichtigen konnte. Bernardo, der ebenfalls dabei war, riet mir, mit dem Bus nach Hause zu fahren. Er kam mit mir ein Stück, doch irgendwann trennten sich unsere Wege. Mir war gar nicht wohl, da es am Äquator jeden Abend um sechs Uhr stockdunkel wird und es bereits sieben Uhr war. In der Schweiz wurde mir oft genug eingeschärft, in Südamerika niemals nachts alleine unterwegs zu sein. Ich wusste auch nicht, wie meine Gastfamilie reagiert, wenn sie mich nicht erreichen kann und ich irgendwann mit gewaltiger Verspätung zu Hause ankomme.

 

Ich war froh, Bernardo von meinen Sorgen erzählen zu können. Er meinte, ich solle mich in die Nähe des Busfahrers stellen und einen selbstbewussten Gesichtsausdruck aufsetzen. Ich sei schliesslich eine starke, unabhängige Frau. Doch bin ich das wirklich? In der Nacht, alleine in einer Stadt wie Quito, mit einem Handy ohne Akku?

 

Ich hatte Angst, versuchte mir aber nichts anmerken zu lassen. Den ersten Bus konnte ich ohne Probleme nehmen, doch der zweite kam und kam nicht. Ich wurde plötzlich unsicher, ob dieser Bus um diese Zeit überhaupt noch fährt. Schliesslich entschied ich mich, ein Taxi zu nehmen. Dies kostete mich 20 Dollar, was in der Schweiz zwar wenig, in Ecuador jedoch viel ist.

 

Als ich zu Hause ankam, hatte ich kein gutes Gefühl und war auf jede Reaktion meiner Gastfamilie gefasst. Ich entschuldigte mich bei meiner Gastmutter und bei Alejo, doch beide reagierten alles andere als verärgert. Sie waren einfach nur froh, dass es mir gut ging und sie sagten, ich solle mir keine Sorgen machen. Ich war sehr froh über ihre Reaktion und vor allem darüber, heil zu Hause angekommen zu sein.

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Augen zu und festhalten!

Man braucht in Südamerika keine grosse Erfindungsgabe. Man steht eher vor dem Problem, das, was man in der Wirklichkeit vorfindet, glaubhaft zu machen.

(Gabriel Garcia Màrquez, kolumbianischer Schriftsteller)

Das Busfahren in Quito ist ein Abenteuer. Es gibt keine Fahrpläne, man steht einfach mal an die Busstation und wartet bis ein Bus kommt. Manchmal wartet man lange, manchmal nicht.

 

Meine Gastfamilie wohnt in "Valle de los chillos", einem Vorort von Quito. Ich benötige etwa 40 Minuten mit dem Bus bis ins Zentrum der Stadt, wo ich ab dem Montag arbeiten werde. Vom Haus meiner Gasteltern marschiere ich etwa 10 Minuten bis zur Busstation. Wenn dann ein Bus kommt, fliegen alle Türen auf, während er anhält. Auch während dem Fahren sind die Türen meist offen, da sie nicht sehr stabil sind. Neben dem Fahrer gibt es eine Lady, die bei jeder Station aus der Tür lehnt und den wartenden Menschen die Endstation des Buses zuruft. Bei meinem Bus ruft sie immer: "La catholica, la catholica".

Dieselbe Frau drängelt sich während der Fahrt durch alle Gäste durch und hält ihre Hand hin. Ich muss ihr dann jeweils 50 Cent zahlen, den Preis für die Strecke. Die Buse sind immer so rappelvoll, dass die meisten Menschen dicht aneinandergedrängt stehen müssen. Es ist auch schon vorgekommen, dass ich mich an die Stange neben der Bustür klammern musste und bei jedem Rank fast aus dem Bus flog, weil die Türen sich nicht schliessen liessen.

 

Wenn neue Fahrgäste zusteigen und die Menschen nicht aufschliessen wollen, ruft die Frau: "Siga, siga, siga!" Erst später erfuhr ich, dass dies die Befehlsform von "seguir" ist, was so viel wie "folgen" oder "weitermachen" bedeutet. In einem ecuadorianischen Bus ist es niemals still, es läuft immer spanische Musik. Dies gefällt mir sehr und es ist sicher etwas, das ich zurück in der Schweiz vermissen werde.

 

Im Gedränge ist die Gefahr sehr gross, dass einem der Rucksack geöffnet oder aufgeschnitten wird und man danach um einige Wertsachen ärmer ist. Deshalb nehme ich jeweils nur ein Portemonnaie mit wenig Bargeld sowie mein billiges ecuadorianisches Nokia mit und lasse alle meine Bankkarten und mein Smartphone im Haus meiner Gastfamilie. Den Rucksack ziehe ich während der Fahrt verkehrt herum an und umklammere ihn mit einer Hand.

 

Oft steigen während der Busfahrt auch Händler ein, die Orangen, Zahnbürsten, Eiscreme, Süssigkeiten oder sonstige Dinge verkaufen wollen. Manchmal sind auch Kinder darunter, dies bricht mir jeweils fast das Herz. Ich weiss, dass dies einige jener Kinder sind, die ich ab nächster Woche in meinem Projekt betreuen werde und bin froh, dass ich ihnen dann ein Stück weit helfen kann.

 

Bis jetzt habe ich nur die schöne, luxuriöse Seite Quitos kennengelernt. Es fühlt sich immer noch so an, als sei ich hier bloss in den Ferien. Ich bin sehr froh, dass ich am Montag ein Treffen mit den Verantwortlichen meines Projektes habe. Danach beginnt endlich der Alltag hier in Ecuador. Dann lebe ich hier, arbeite hier und spreche hoffentlich bald die Sprache der Einheimischen. Darauf freue ich mich!

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Eine moderne Gastfamilie und der falsche Äquator

Die beiden schönsten Dinge sind die Heimat, aus der wir stammen, und die Heimat, nach der wir wandern.

(Johann Heinrich Jung-Stilling)

Nun bin ich seit fast zwei Wochen in Ecuador und ich bin froh, dass ich sagen kann, dass ich mich hier sehr wohl fühle! Meine Gasteltern sind sehr unkompliziert und modern. Ich hatte ein bisschen Angst gehabt, dass ich in eine konservative Familie kommen würde, in der die Männer nichts im Haushalt machen müssen. (Ja, diese Einstellung ist in Ecuador noch immer verbreitet)

In meiner Gastfamilie ist es zum Glück ganz anders: Meine Gastmutter arbeitet auf ihrem Beruf, weshalb meine Gastbrüder und ich unsere Kleider selber waschen und unser Essen unter der Woche selber zubereiten.

 

Die Unterschiede des Wohlstands in Ecuador sind riesig. Ich lebe bei einer wohlhabenden Familie in der Hauptstadt.

Gestern sprach ich mit einem Freiwilligen aus Deutschland, der übernächste Woche, wenn der Spanisch-Kurs von ICYE zu Ende ist, nach Otovalo gehen wird. Dort wird er bei einer indigenen (Ureinwohner) Familie leben, wo er weder fliessend Wasser noch Strom im Haus hat. Am Wochenende kann er dann jeweils in eine WG, um seine Kleider zu waschen und zu duschen. Ich sagte ihm, so etwas würde mir auch guttun, worauf der erwiderte, ich könne gerne mit ihm tauschen.

Am Freitag stand ein Ausflug mit ICYE Ecuador zu "la mitad del mundo", einem Äquatordenkmal nördlich von Quito, auf dem Programm. An diesem Ort steht das "el reloj solar quitsado", eine gewaltige Sonnenuhr mit einem zehn Meter hohen Zylinder, der die Stelle markiert, wo der Äquator verlaufen soll. Dort ist es angeblich möglich, mit einem Fuss auf der südlichen und mit einem Fuss auf der nördlichen Erdhalbkugel zu stehen. Was jedoch nur wenige wissen: Die Erbauer des Monuments haben sich um einige Meter verrechnet. Die richtige Äquatorlinie verläuft etwa 240 Meter entfernt, auf der anderen Strassenseite auf einer heiligen indigenen Stätte, die vor mehr als 1000 Jahren gebaut wurde.

Mit meinem ecuadorianischen Kollegen Bernardo auf der angeblichen Äquatorlinie vor der Sonnenuhr

Wir besuchten also zuerst den offiziellen Park, in dem das Monument steht. Dort gab es auch einige Museen über Ecuador im Allgemeinen, Touristenläden und Restaurants. Gleich neben dem Park befindet sich der Hauptsitz der Union Südamerikanischer Nationen, weshalb überall Flaggen der verschiedenen Länder Südamerikas wehen. Später gingen wir dann noch zum richtigen Ort, an dem es zwar keine Linie am Boden gibt, dafür aber eine Tafel, die die Koordinaten "00 00 00" markiert:

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Ankunft in der Mitte der Welt

Eine Reise wird besser in Freunden als in Meilen gemessen.

(Tim Cahill)

Der Anflug auf Quito war traumhaft! Von weitem sahen wir Vulkane, Berge und Seen. Ich realisierte gar nicht richtig, dass dies alles tatsächlich Ecuador war.

Xenia, Fatma, Rabea und ich (v. rechts) auf dem Weg nach Quito

Ein Mitarbeiter von ICYE Ecuador holte mich und die anderen drei Schweizerinnen am Flughafen ab und brachte uns mit einem kleinen Bus ins Einführungscamp. Wir mussten eine Stunde fahren und der Verkehr auf der Strasse war sehr kriminell. Die anderen Autos überholten uns rechts und links, fuhren zentimeternah auf und streiften uns beinahe. Anschnallen konnten wir uns natürlich nicht, da die Gurten entweder gar nicht vorhanden waren oder klemmten. Unsere Koffer waren im Kofferraum gestapelt und verhinderten jede Sicht nach hinten. Irgendwann lenkte unser Fahrer den Wagen auf den Pannenstreifen. Er versuchte uns auf Spanisch zu erklären was los war, doch wir verstanden kein Wort. Nach einigen Minuten kam sein Sohn mit einem anderen Auto und sagte uns auf Englisch, dass der kleine Bus komische Geräusche mache und wir umsteigen müssen. Wir Schweizerinnen mussten die ganze Zeit lachen, weil die Strassenverhältnisse in Ecuador so anders sind als zu Hause.

 

Im Camp angekommen trafen wir auf eine Finnin, die als einzige bereits dort war und lernten auch die Mitarbeiter von ICYE-Ecuador kennen. Wir wurden sehr herzlich empfangen, gingen aber früh schlafen. Mitten in der Nacht wurden wir von einem kleinen Erdbeben wachgerüttelt. Ich erschrak ein bisschen, doch wirklich überrascht war ich nicht. Erdbeben kommen in Ecuador häufig vor und ich werde mich daran gewöhnen.

 

Am nächsten Tag trudelten nach und nach die anderen Freiwilligen ein. Dreiviertel von allen sind Deutsche, daneben hat es auch Jugendliche aus Dänemark, Finnland, Österreich, Indien und den USA. Das Camp dauerte eine Woche und wir setzen uns durch Spiele und Diskussionen mit den Themen „Kulturschock“, „Sicherheit“ und „Konfliktlösung“ auseinander. Besonders freute ich mich, als Bernardo plötzlich im Camp auftauchte. Er ist Ecuadorianer und war letztes Jahr mit ICYE in der Schweiz, weshalb ich ihn bereits vor meiner Abreise kannte. Nun erfuhr ich, dass Bernardo während meiner Zeit in Ecuador mein Mentor (eine Art ICYE-Götti) sein wird. Das ist das Beste, was mir passieren konnte, da es einerseits mit ihm nie langweilig wird und er mich andererseits wie kein anderer versteht, wenn ich ihm erzähle, was mich in Ecuador, verglichen mit der Schweiz, fasziniert oder erschreckt.

 

Am letzten Tag kamen uns unsere Gastfamilien im Camp abholen. Für sie mussten wir eine Präsentation über unser Heimatland halten. Wir Schweizerinnen sprachen über Demokratie, die vier Landessprachen, Schokolade, Taschenmesser, Schweizer Franken, Skifahren und Roger Federer. Meine Gastfamilie kam zu dritt: Meine Gasteltern und Carlos, einer meiner Gastbrüder. Als wir einander schliesslich fanden, sagten sie mir, das sie sich sehr auf mich gefreut hätten und es für sie eine spannende Erfahrung sein würde, mich in ihrem Haus zu haben. Ich würde von ihnen lernen und sie von mir. Als wir bei ihnen zu Hause ankamen, war ich überrascht. Das Haus meiner Gastfamilie ist sehr viel grösser und moderner als unser Haus in der Schweiz. Ich habe hier sogar ein eigenes Badezimmer, das in mein Zimmer integriert ist – fast ein bisschen wie in einem Hotel.

Die nächsten zwei Wochen werde ich mit den anderen Volunteers einen Spanischkurs von ICYE besuchen. Carlos kam heute extra mit mir ins Stadtzentrum von Quito, um mir den Weg zu zeigen, den ich am Montag gehen muss. Mein zweiter Gastbruder Alejo lernte ich ein bisschen später kennen. Auch er ist sehr interessiert und da er ein bisschen Deutsch spricht, bat er mich, ihm die Sprache besser beizubringen. Beim Essen diskutierten meine beiden Gastbrüder, was sie mir in Ecuador alles zeigen möchten – den Markt, auf dem lebendige Tiere verkauft werden, die berühmte Schaukel in Baños, die Kirchen in Quito..

Mit meinen Gastbrüdern Alejo (links) und Carlos (rechts)

Ich freue mich auf die nächsten Tage, Wochen und Monate! Da ich hier eine stabile Internetverbindung habe, werdet ihr bald wieder von mir hören!

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