Stadtrundfahrt durch das "Centro histórico"

Ich nehme mir die Zeit,

auf die Dächer der Stadt zu gehen,

dem Leben zuzusehen,

still zu stehen,

alles wirkt so klein,

unscheinbar entfernt und weit,

das Leben pulsiert hier,

weit weg von mir.

(Aus "Lichter der Stadt", Songtext von Unheilig)

Die Altstadt von Quito gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Ich war nur einmal dort, auf einem Ausflug mit ICYE Ecuador, bei dem ich aber bei weitem nicht alles gesehen hatte. Deshalb schlug mein ecuadorianischer bester Freund Bernardo vor, am Sonntag mit dem Touristenbus eine Tour zu machen, um verschiedene Sehenswürdigkeiten zu besichtigen.

Als ich meiner Mitvolontärin Sophie von meinen Plänen erzählte, meinte sie, sie wolle dies auch unbedingt mal machen. Ich war sicher, dass sie und Bernardo sich gut verstehen würden und so lud ich sie ein, mit uns mitzukommen. Wir trafen uns um 10 Uhr morgens beim "Quicentro", einem Shoppingcenter in Quito. Der Bus fuhr von dort los und hielt bei verschiedenen Stationen, bei denen man aussteigen und eine Stunde verweilen konnte, bis der nächste Bus kam. Die erste Station, bei der wir rausgingen, war die "Basílica del Voto Nacional", eine riesige gotische Kirche, deren Bau 1926 begonnen und sich über mehrere Jahrzehnte erstreckt hatte.

Die Kirche hat zwei Türme, auf die man hinaufklettern kann. Dazu muss man unten ein Ticket lösen und bezahlen. Der Mann am Schalter verlangte eine Passkopie und ich hatte nicht daran gedacht, eine mitzunehmen. Bernardo meinte grinsend: "Dumme Cheib!" Ich musste lachen, denn diesen Ausdruck hatte er letztes Jahr während seinem Freiwilligeneinsatz in einem Schweizer Behindertenheim gelernt.

 

Zum Glück fand ich auf meinem Handy ein Foto meines Visums und zeigte es dem Mann. Zuerst wollte er es nicht akzeptieren, doch dann sagte Bernardo irgendwas zu ihm in einem schnellen Spanisch, das ich nicht verstand. Daraufhin händigte mir der Mann doch noch ein Ticket aus. Es war echt praktisch, einen Einheimischen dabeizuhaben. :-)

Sophie blieb unten, weil sie Höhenangst hat und so machten Bernardo und ich uns auf den Weg. Zuerst bestiegen wir eine enge Wendeltreppe und erreichten immer wieder Zwischenstockwerke mit Terrassen, auf denen wie die Aussicht geniessen konnten.

 

Danach wurde es aber weniger komfortabel, um weiter nach oben zu kommen musste man steile Eisenleitern hochklettern. Es war ziemlich abenteuerlich und vielleicht auch ein bisschen gefährlich. Atemlos kamen wir oben an und wurden mit einem noch schöneren Ausblick auf Quito belohnt.

Als wir wieder unten waren, fuhren wir mit dem Bus weiter das "Panecilla" hoch. "Panecilla" bedeutet auf Deutsch "Brötchen" und ist ein etwa 200m hoher Hügel mitten in Quito, der in der gesamten Stadt sichtbar ist. Auf dem Hügel steht das Aluminium-Monument einer Madonna, die wie eine Schutzgöttin über Quito wacht. Bis jetzt hatte ich die Figur immer nur von weitem gesehen, doch jetzt konnten wir sie aus nächster Nähe betrachten.

Auch den Sockel der Statue kann man besteigen, doch dies war uns zu teuer. So beschlossen wir, eine Pause einzulegen. In der Nähe der Statue hatte es Markt- und Touristenstände. Bernardo fand, wir müssten unbedingt die heisse Schokolade probieren, die eine alte Frau an einem Stand zusammenbraute. Doch als Sophie und ich davon tranken, verzogen wir das Gesicht. Das Getränk schmeckte, als sei es mit Wasser gestreckt worden. Da wurde uns schlagartig wieder klar, dass wir in Ecuador sind und nicht in der Schweiz oder in Deutschland. :-)

Mit dem Bus fuhren wir zurück ins Zentrum der Altstadt, denn es war bereits später Nachmittag. Dort besichtigten wir eine weitere Kirche. Vor der Kirche gab es eine riesige Baustelle, denn vor kurzer Zeit hat man in Quito mit dem Bau einer U-Bahn begonnen. Ich persönlich bin kein Fan von U-Bahnen. Doch wahrscheinlich würde es in Quito vielen Pendlern den Alltag erleichtern, da es das Busnetz entlasten und hoffentlich die vielen Abgase verringern würde. Bernardo erzählte mir jedoch, dass die Bauarbeiter auf archäologische Funde gestossen seien und sich der Bau deshalb verzögern würde.

Um halb fünf war unsere Busrundfahrt zu Ende. Sophie traf sich mit Bekannten und Bernardo und ich gingen im "Quicentro" etwas essen. Wir waren aber beide todmüde von diesem Sightseeing-Tag und schliefen fast ein. Es war ein toller Tag mit zwei tollen Menschen! :-)

Kommentare: 1
  • #1

    Dodo (Mittwoch, 12 Oktober 2016 06:57)

    Danke, Andrina, für deine ergreifenden Texte und den Einblick in dein equadorianisches Leben!
    Ich wünsche dir weiterhin eine tolle Zeit!
    Herzliche Grüsse!
    Dodo